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Nike-Hercules bildete als stationäres Luftverteidigungssystem großer Reichweite bis 1990 den rückwärtigen Luftverteidigungsgürtel der NATO. Ab 1960 wurden sechs Bataillone der Luftwaffe mit dem Flugabwehrraketensystem ausgerüstet. Sie waren neben amerikanischen, belgischen, niederländischen und britischen Verbänden deutschlandweit stationiert. Die gegen Flugziele im mıttleren und großen Höhenbereich vorgesehenen Lenkflugkörper konnten in einer Zweitrolle auch im Boden-Boden-Einsatz mit einem nuklearen Gefechtskopf eingesetzt werden.

Technische Daten:

Hersteller : Western Electronic, Bell, Douglas
Erstflug : 1955
Ortungsreichweite: HIPAR: 300 - 500 km
LOPAR: 120 - 300 km
Ortungsreichweite: TTR: 120 - 300 km
MTR: 120 - 300 km
Einkanalsystem die Bodenausrüstung gestattet nur die Bekämpfung eines Zieles zur gleichen Zeit.
Lenkwaffen: Zweistufige Feststoffrakete
Länge : 12,53 m
Gewicht: 4.850 kg
Geschwindigkeit: 3,65 Mach
Durchmesser: 1. Stufe: 0,8 m
2. Stufe: 0,53 m
Spannweite: 1. Stufe: 3,5 m
2. Stufe: 1,8 m
Reichweite: 6 - 140 km
Gefechtskopf: 272, kg Splitter
W31 Nuclear - 2 - 40 kT
Einsatzhöhe : 1 - 45,7 km
Raketenlenkung zum Ziel : Funkkommandolenkverfahren

Start und Flug des Lenkflugkörpers

  • Starttriebwerk wird gezündet (unterer schwarzer Teil)
  • Starttriebwerk (Booster) fällt nach 3,4 sec, ab
  • Zündung des Marschtriebwerks (oberer weißer Teil)
  • Brenndauer: ca. 29 sec.
  • Beschleunigung auf Mach 2 in 3 sec.
  • Maximale Geschwindigkeit: Mach 3,5

Beschreibung:

Das Waffensystem NIKE war das erste Flugabwehrraketensystem (FIaRak) der Luftverteidigung der NATO. Es hatte die Aufgabe, Flugziele in mittleren und sehr großen Höhen mit konventionellen Gefechtsköpfen und Bodenziele mit atomaren Gefechtsköpfen zu bekämpfen.

Von 1945 bis 1951 entwickelten die USA das System NIKE-Ajax, welches 1953 in die Bewaffnung eingeführt wurde.

Der Fla-Raketenkomplex bestand u.a. aus einer Rundblickstation (1), der Raketenleitstation (4), der Stromversorgungsanlage (9) und sechs Startrampen. Die Raketen konnten nach kurzer Vorbereitung in neue Stellungen verlegt werden.

1960 begann in Fort Bliss (USA) die Ausbildung der ersten Bundeswehrsoldaten. Am 12. Januar 1961 wurde als erstes das FIaRak-Bataillon 24 Delmenhorst in Dienst gestellt. Ihm folgten insgesamt drei Flugabwehrraketen-Regimenter, die aus je sechs FIaRak-Bataillonen mit insgesamt 24 Feuereinheiten bestanden.

Das Waffensystem NIKE wurde im 24-Stunden Schichtbetrieb eingesetzt. 1963 erfolgte die Eingliederung in die NATO-Luftverteidigung.

In den folgenden Jahren erhielt das Waffensystem neue Raketen (1965 Hercules) und ein verbessertes Radar (1972 und 1979).

Ab 1984 begann in den NATO-Verbänden die Aussonderung. 1989 stellte die Luftwaffe das letzte FIaRak-Bataillon 26 in Wangerland außer Dienst.

1990 fand das Waffensystem NIKE-Hercules einen Platz im Luftwaffenmuseum der Bundeswehr.

Startkontrolle

Beim normalen Start eines NIKE-Lenkflugkörpers (Missile) werden die Befehle vom Feuerleitbereich (Integrated Firing Control, IFC) gesendet.

Im Notfall (Emergency) werden diese Signale via Sprachübermittlung (Voice) an den Abschussbereich gegeben und die Bediener führen die notwendigen Schritte und Einstellungen von Hand durch. Es gibt zwei Notfalloptionen (Emergency in Action und Out of Action) bei denen das Feuerkommando an den Lenkflugkörper gelegt werden kann. Zum einen vom Abschussgruppenleitstand (Launcher Control Trailer, LCT) = Emergency in Action und zum anderen in der ausgewählten Abschussgruppe (Section) = Emergency Out of Action, am Abschussgruppenleitpult (Section Control Indicator, SCI).

Einsatzarten

Zusätzlich werden Einsatzart (Boden-Luft oder Boden-Boden) und Gefechtskopfart (konventionell oder atomar) sowie Kreiselwerte über Telefonverbindung (via Voice) übermittelt und von Hand eingestellt.

Bei einem Boden - Boden Einsatz werden die errechneten Luftdruckwerte des Zielgebietes für eine Luft-Detonation am Luftdruckzünder (Baro Fuse) zur Zündeinstellung vorgenommen.

Feuerbefehl

Der Feuerleitoffizier löste aufgrund der taktischen Situation durch Drücken des Feuerschalters den Start des Lenkflugkörpers NIKE selbst aus oder gab in Notfällen den Feuerbefehl mündlich an den Abschussbereich weiter.

Start

Das Startsignal (Launch) wird nach dem Abheben des Lenkflugkörpers an den Computer aus dem Abschussbereich übermittelt oder im Notfall über Telefonverbindung (via Voice) gemeldet.

Nach beendeter Bekämpfung des Flugzieles durch das Detonationskommando (Burst), kann ein neuer Lenkflugkörper auf Befehl des Feuerleitoffiziers ausgewählt werden.

Erfassung

Die Erfassungsradargeräte High Power Acquisition Radar (HIPAR) [1] und Low Power Acquisition Radar (LOPAR) [1] senden Hochfrequenzimpulse (elektromagnetische Wellen) im Dauerbetrieb bei jeder Umdrehung für jeden Seitenwinkel (Blickrichtung der Antenne, Azimut) aus. Ein vom Flugobjekt [2] reflektiertes Signal (Echo) wird zeitgleich (Laufzeit der Impulse = Lichtgeschwindigkeit) über den zeitlich geöffneten Empfangskanal verarbeitet und am Sichtgerät (Plan Position Indicator, PPI) angezeigt.

Freund oder Feind

Eine FREUND-FEIND-Kennung (Idendification Friend Foe, IFF) wird über eine synchronlaufende Zusatzantenne (am LOPAR) und eine gekoppelte Zusatzantenne (am HIPAR) gewährleistet. Ihre Ausweitung erfolgt am gleichen Sichtgerät im Feuerleitwagen.

Flugzielverfolgung

Wurde aufgrund der IFF-Kennung oder anderer Luftlagesituationen ein Ziel (Target) [2] als feindlich eingestuft, so konnten die Daten in Seitenwinkel und Entfernung (Range) (Berechnung der Entfernung = Halbieren der Laufzeit eines Impulses) an das Zielverfolgungsradar (TTR) [3] und Entfernungsmessradar (TRR) [4] übermittelt werden. Dieses suchte im Höhenwinkel (Elevation) und gab die fortwährend veränderlichen Daten (Elevation, Azimut und Range) zum Rechner (Computer) [5], der mit Hilfe der vom Flugkörperverfolgungsradar (MTR) [6] ermittelten Flugkörperposition (Missile) [8] und der Zielposition (Target) [2] einen Detonationspunkt (Intercept Point) [9] vorausbestimmte.

Die Seitenwinkeldaten des berechneten Detonationspunktes (Intercept Point) [9] werden vom Rechner (Computer) [5] als Kreiselseitenwinkeldaten-Voreinstellung (Gyro Azimut Preset) an den Lenkflugkörper (Missile) [8] im Abschussbereich übermittelt. Auf diesen Seitenwinkel dreht sich der Flugkörper nach Abtrennung der Startstufe des Lenkflugkörpers (Booster-Separation) und Freigabe der Steuerungsflächen und liefert so eine stabile Referenz zur Berechnung weiterer Steuerkommandos.

Solange das Zielverfolgungsradar (TTR) [3] ein Ziel (Target) [2] führt und das Flugkörperverfolgungsradar (MTR) [6] einen Lenkflugkörper (Missile) [8], werden diese Radarinformationen vom Rechner (Computer) [5] in Steuerkommandos für den Lenkflugkörper (Missile) [8] umgesetzt, die wiederum den Lenkflugkörper (Missile) [8] in Richtung des vorausberechneten Detonationspunktes (Intercept Point) [9] lenken.

Flugzielbekämpfung

Durch diese Vergleichsberechnungen und immerwährenden Anpassungen durch Lenkkommandos wird das feindliche Flugziel (Target) [2] vom Lenkflugkörper (Missile) [8] durch die Auswirkungen des Gefechtskopfes, der bei Annäherung durch ein Detonationskommando (Burstkommando) gezündet wird, zerstört.

Bei einem atomaren Boden-Luft Einsatz wird das Detonationskommando entsprechend früher gesendet, damit sich eine effiziente Druckwelle ausbreiten kann und somit möglichst viele feindliche Ziele (Target) [2] (z.B. Bomberverbände) mit einem Lenkflugkörper zerstört werden können.

Copyright © Lexikon der Flugzeuge und Hubschrauber von Wolfgang Bredow - Berlin, Spandau

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