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Flugzeuge und Hubschrauber imAir and Space MuseumWashington D.C.- Smithsonian Institution -
Die Arado Ar 234 Blitz der deutschen Luftwaffe war der erste einsatzfähige und tatsächlich eingesetzte strahlgetriebene Bomber der Welt. Weil die Schubkraft der beiden Triebwerke des voll beladenen Bombers beim Start nicht ausreichte, wurden 2 zusätzliche Raketenbooster Walter 109-500 als Starthilfe genutzt, die nach dem Start mit einem Fallschirm abgeworfen wurden. Die Ar 234 flog zunächst als Aufklärungsflugzeug, 1944 folgten deren erste Einsätze als Bomber. Die Bomben wurden extern mitgeführt, was allerdings die Geschwindigkeit auf ca. 660 km/h reduzierte, so dass schnelle kolbenmotorgetriebene Jagdflugzeuge der Alliierten die Arado Ar 234 bekämpfen konnten. Wegen des allgemeinen deutschen Treibstoffmangels gegen Ende des Krieges blieb das Flugzeug jedoch die meiste Zeit am Boden.
Technische Daten:
(Erstflug dieses Typs: 30. Juli 1943)
Typ | Bomber |
Länge | 12,6 m |
Flügelspannweite | 14,2 m |
Höhe | 4,3 m |
Antrieb | 2 x Junkers Jumo 004 |
Art | Strahltriebwerke |
Leistung | je 8,8 kN (900 kp) Schub |
Höchstgeschwindigkeit | 735 km/h |
Normale Reichweite | 1400 km |
Besatzung | 1 Mann |
Dienstgipfelhöhe | 12.000 m |
Leergewicht | 4.900 kg |
max. Startgewicht | 10.010 kg |
Bewaffnung | Zwei 20-mm-Kanonen Mauser MG 151 |
. | ca. 2000 kg Bomben an Außenstationen |
. | . |
Die Idee eines Strahltriebwerks:
Der Engländer Frank Whittle meldet 1930 ein Turbinenluftstrahltriebwerk zum Patent an. Bei der Realisierung findet er zunächst in Großbritannien keine Unterstützung von Militär und Industrie. 1936 beginnt bei den Heinkelwerken auf der Grundlage der Theorien und Versuche des Physikers Hans-Joachim Pabst von Ohain die Entwicklung von Strahltriebwerken in Deutschland. Zeitgleich im April 1937 absolvieren sowohl die englische als auch die deutsche Turbine erfolgreich ihren Testlauf.
Bereits ein Jahr später legen die Brüder Günther, Heinkels Chefkonstrukteure, die ersten Zeichnungen für ein Testflugzeug vor. Von einer Heinkel S 3A Radialturbine angetrieben, wird es für eine Geschwindigkeit von 8oo km/h entworfen. Bei Messerschmitt laufen parallele Projekte an. Am 27. August 1939 stößt Erich Warsitz mit dem Erstflug der He 178 das Tor zur Ära der Strahlflugzeuge auf.
Im Oktober genehmigt das Reichsluftfahrtministerium (RLM) die Entwicklung der zweistrahligen He 280. Zwar fliegt am 30. März 1941 erstmals die Maschine, die S 8A Turbine ist jedoch noch weit von der Serienreife entfernt. Zu diesem Zeitpunkt zeigen die britischen Versuche erste Ergebnisse. Am 15. Mai 1941 hebt die Gloster E 28/39 erfolgreich vom Boden ab.
Da das RLM die Turbine mit Axialverdichter bevorzugt, wird 1942 die Entwicklung bei Heinkel zugunsten der Messerschmitt Me 262 abgebrochen, die am 18. Juli 1942 ihren Erstflug mit einem Junkerstriebwerk Jumo 004 absolviert.
Ab Ende 1940 sucht das RLM einen Fernaufklärer mit einer Reichweite von 2000 km. Die Aradowerke legen das Projekt eines strahlgetriebenen Schulterdeckers vor. Der Entwicklungsauftrag für den E 370 genannten Entwurf wird ab 1942 unter der Bezeichnung Arado Ar 234 fortgeführt. Als Triebwerk wird die Jumo 004 Turbine vorgesehen. Um genügend Treibstoff mitnehmen zu können, verzichtet man zunächst auf ein fest eingebautes Fahrwerk. Der Start erfolgt mit einem Startwagen und die Landung wie bei einem Segelflugzeug auf einer Kufe. 15 Monate nach Entwicklungsbeginn startet die Ar 234 V1 auf dem Flugplatz Rheine-Hopsten am 30. Juli 1943 zum Erstflug. Auf die Frage des Konstrukteurs, was wohl zu ändern sei, antwortet der Testpilot Seile: “Nichts”. Daraufhin wird die Erprobung der Serienmuster beschleunigt. Eine Verzögerung bei der Triebwerkentwicklung bremst jedoch das Vorhaben.
Neben dem Aufklärer beginnt Arado mit der Entwicklung der Bombervariante in der Baureihe Ar 234 B. Diese erhält eine vergrößerte Kanzel sowie Bombenziel- und -abwurfvorrichtungen. Die Testflüge ergeben, dass die Kufenausführung für den Fronteinsatz ungeeignet ist. Der Einbau eines normalen Radfahrwerks wird unumgänglich. Doch für dieses zusätzliche Gewicht sowie die als Außenlast mitgeführten Bomben reicht die Triebwerkleistung beim Start nicht aus. Die Maschinen erhalten daher Walter Startraketen HWK 109-500 als Starthilfe. Dem erfolgreichen Vergleichsfliegen bei der Erprobungsstelle der Luftwaffe in Rechlin im Juni 1944 folgen zahlreiche neue Forderungen durch das RLM. Jetzt werden eine Druckkabine, eine vierstrahlige Variante, eine Ausführung als Zerstörer sowie als Nachtjäger und der Einbau von BMW 003 “Sturm” Triebwerken gewünscht. Die Erprobung zieht sich bis zum Frühjahr 1945 hin.
Die leistungsfähige Maschine fordert von den Piloten sowohl großes fliegerisches Können als auch eine solide waffentechnische Spezialausbildung, ein Problem, das spätestens ab 1944 auf Grund der Kriegswirren nicht mehr zufriedenstellend zu lösen ist. Da die neu ausgebildeten Piloten ausschließlich zur Reichsluftverteidigung eingesetzt werden, rekrutiert man die Arado-Besatzungen vorrangig aus dem Personal der aufgelösten Kampfgeschwader.
Die Produktion:
Im Dezember 1943 erhalten die Aradowerke einen Auftrag über den Bau von 200 Maschinen bis Ende 1944. Im März 1944 startet der neunte Prototyp mit Einziehfahrwerk. Schon vor dem Erstflug der ersten Maschine mit Einziehfahrwerk läuft die Vorbereitung für die Großserie dieser Version an.
Die Herstellung der Teilkomponenten ist weitgehend dezentralisiert. In den Werken Alt Lönnewitz bei Falkenberg/Elster und Brandenburg erfolgt die Endmontage.
Bis Juni 1944 verlassen die ersten 20 Ar 234 B-0 die Hallen. Der von der NS-Führung geforderte rasche Anstieg der Produktion kommt nicht zustande. Auch bei der Firma Arado schlagen sich Rohstoffmangel und das Fehlen von qualifiziertem Fachpersonal in Produktionsmängeln nieder. Neben den ständigen Triebwerksproblemen verzögert auch die verspätete Frontreife des Dreiachsen-Autopilot PDS 11 die Einsatzbereitschaft der an die Kampfgeschwader ausgelieferten Maschinen.
Mit der Zerstörung der Werksanlagen beim Rückzug vor der Roten Armee endet nach 210 gebauten Arado Ar 234 die Produktion. Von diesen erreichen nur ca. 100 die Front.
Der Einsatz:
Ähnlich wie bei der Messerschmitt Me 262 verzögern technische Probleme bei der Triebwerkentwicklung den Beginn der Serienproduktion und damit ebenfalls den Fronteinsatz. Um rasch auf notwendige Einsatzergebnisse zurückgreifen zu können, schickt das Oberkommando der Luftwaffe zwei Prototypen der Ar 234 mit einer Erprobungseinheit an die Westfront. Dem Erprobungskommado Sommer folgen weitere. Am 2. August 1944 fotografiert Leutnant Erich Sommer beim ersten Einsatz das gesamte Landungsgebiet der Alliierten in der Normandie. Nach zwei Tagen legen zwölf Auswerter der Wehrmachtsführung erstmals einen genauen Überblick über den Umfang der Landung vor. Einen Einfluß auf die folgenden Kämpfe haben sie aber nicht, denn die Alliierten sind zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Brückenkopf in der Normandie ausgebrochen und stoßen in Richtung Deutschland vor.
Die Ar 234 sind im Sommer 1944 die einzigen Luftwaffenflugzeuge, die relativ ungefährdet über alliiertem Gebiet aufklären können. Von Juli bis Oktober werden etwa 50 Aufklärungseinsätze geflogen. Im Januar 1945 entstehen aus den Versuchsgruppen drei Fernaufklärungseinheiten. Sie operieren an der Westfront und über Italien. Am 10. April 1945 fliegt letztmalig ein Luftwaffenaufklärer über England.
In den letzten Monaten des Jahres 1944 wird in Burg bei Magdeburg mit der Umrüstung der III. Gruppe des Kampfgeschwaders 76 auf Arado Ar 234 begonnen. Am 17. Dezember wird eine Staffel nach Münster-Handorf verlegt. Unter dem Kommando von Major Dieter Lukesch fliegen am Heiligen Abend 1944 acht Arados auf Lüttich ihren ersten Bombenangriff. In aller Eile wird das Kampfgeschwader 51 als zweites auf Arado Ar 234 umgerüstet. Beide Geschwader fliegen mit ca. 30 Maschinen Einsätze während der Ardennenoffensive gegen Antwerpen, Brüssel und Bastonge. Beim größten Bombenangriff werfen neun Arados 4500 kg Bomben auf alliierte Angriffsspitzen. Vom 9. bis 14. März 1945 ist die Brücke von Remagen das Hauptziel für die Ar 234 B der III/KG 76. Es folgen vereinzelte Angriffe im Raum Berlin. Am 3. Mai 1945 findet der letzte Einsatz bei Bremervörde statt.
Wie bei allen Geschwadern der Luftwaffe wird die Einsatzbereitschaft der Arados 1945 nachhaltig durch die Zerstörung der Transportwege beeinflußt. Die meiste Zeit stehen die Flugzeuge wegen Ersatzteil- und Treibstoffmangel in den Hallen. Hinzu kommen große Verluste durch alliierte Jäger und Bomber am Boden.
Die Piloten:
Für den Einsatz der neuen Strahlflugzeuge bieten sich die Piloten der Kampfgeschwader geradezu an. Durch ihre Ausbildung an den Kampffliegerschulen sowie ihre Einsatzerfahrung bringen sie die besten Voraussetzungen für die Umschulung auf die neue Technik mit. Besondere Anforderungen werden daher an die Piloten nicht gestellt. Die erste Ar 234 Einheit entsteht durch die Umrüstung eines bestehenden Kampfgeschwaders. Die Umschulung der Piloten erfolgt in der Einsatzeinheit.
Durch die Auslieferschwierigkeiten erreichen diese Kampfgeschwader niemals die volle Einsatzstärke. Somit unterscheiden sie sich von den anderen Geschwadern dadurch, dass mehr Piloten als Flugzeuge zur Verfügung stehen.
Die Alliierten und die Strahlflugzeuge:
Nach der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 war für die Alliierten neben der Messerschmitt Me 262 die Arado Ar 234 das wichtigste Studienobjekt auf dem Strahlflugzeugsektor. Die Royal Air Force erbeutet in Sola (Norwegen) eine ganze Staffel. Den USA fallen vier Maschinen in Österreich und Deutschland in die Hand. Die UdSSR erbeutet ein Exemplar in Dammgarten, mit dem sie wegen Triebwerks- und Fahrwerksproblemen in Rechlin nur Tests durchführt. Die Westalliierten erproben diese Flugzeuge auch in der Luft, um die aerodynamischen und flugmechanischen Eigenschaften und das Arbeitsverhalten der Turbinentriebwerke in den verschiedenen Flugphasen zu bewerten.
Der Sowjetunion öffnen die Beutestücke auf dem Strahlflugzeugsektor den Zugang zur neuen Technologie. Die Junkers- und BMW-Turbinen legen den Grundstein für die sowjetische Turbinenproduktion.
Bei den Untersuchungen der englischen Ingenieure stehen vor allem technische und technologische Detaillösungen im Vergleich mit den eigenen Entwicklungen im Vordergrund.
Nutzung und Weiterentwicklung nach Kriegsende:
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs treiben die drei großen Siegermächte die Umrüstung ihrer Luftstreitkräfte auf strahlgetriebene Jagdflugzeuge weiter voran. Die englischen Konstrukteure richten ihr Hauptaugenmerk auf die Leistungssteigerung ihrer bereits einsatzfähigen Muster Gloster Meteor und De Havilland Vampire. Diese werden in mehreren Grundvarianten bis in die fünfziger Jahre gebaut und in größeren Stückzahlen in viele Länder exportiert.
Die USA profitieren bei ihren Entwicklungen von den englischen und deutschen Erkenntnissen. In den ersten Entwürfen kommen noch britische Triebwerke zum Einsatz, die jedoch noch im Verlauf der vierziger Jahre durch eigene Konstruktionen ersetzt werden. Die ersten noch konventionell ausgelegten in Großserie gebauten Maschinen sind die Grumman F-9 Panther und die Lockheed F-80 Shooting Star sowie ihre Trainervariante Lockheed T-33. In der Sowjetunion existieren 1945 keine erfolgversprechenden Eigenentwicklungen.
Die Konstruktionsbüros erhalten daher den Auftrag, für ihre Entwürfe die als RD-10 (Jumo 004) bzw. RD-20
(BMW 003) bezeichneten deutschen Triebwerke zu nutzen und eine Leistungssteigerung zu versuchen.
Am 24. April 1946 absolvieren die zweistrahlige MiG-9 und die einstrahlige Jak-15 ihren Erstflug. Zu diesem Zeitpunkt erhält die UdSSR durch die Lieferung der modernsten englischen Triebwerke Anschluß an die internationale Entwicklung.
Ende 1947 überrunden die USA und die UdSSR mit der Produktion der ersten Jagdflugzeuge der zweiten Generation die anderen Nationen. Sowohl die North American F-86 „Sabre" als auch die MiG-15 werden im Koreakrieg (1950-1953) gegeneinander eingesetzt.